Schutz und Nutzen verbinden

    Das Bundesamt für Umwelt BAFU definiert Biodiversität. Sie «umfasst die verschiedenen Lebensformen (Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen, Bakterien), die unterschiedlichen Lebensräume, in denen Arten leben (Ökosysteme wie der Wald oder Gewässer), sowie die genetische Vielfalt innerhalb der Arten (z.B. Unterarten, Sorten und Rassen).»

    (Bild: pixabay) Biodiversität lebt. Sie verändert sich stetig, auch durch ihre Nutzung.

    Was heisst das eigentlich? Biodiversität ist das auf der Erde existierende Leben in seiner gesamten Vielfalt. Sie ist damit Grundlage und Potenzial sämtlicher Lebensprozesse und Ökosystemleistungen auf unserem Planeten. Sie ist das Ergebnis einer Millionen Jahre währenden Evolution, geprägt durch den Einfluss Jahrhunderte dauernder menschlicher Nutzungsformen (Sammeltätigkeit, Rodungen, Landwirtschaft, Siedlung, etc.).

    Biodiversität einsetzen
    Wo es dann problematisch wird, ist wenn dass BAFU auch noch sagt: «Biodiversität ist die Voraussetzung für eine gesunde und natürliche Entwicklung aller Lebewesen und Ökosysteme.» Und: «Biodiversität ist das natürliche Erbe, welches wir zukünftigen Generationen als Vermächtnis hinterlassen. Dafür tragen wir als Gesellschaft eine ethische und moralische Verantwortung.»

    Diese Bewertung der Biodiversität ist problematisch. Denn einerseits erweckt sie den Eindruck, es gäbe eine definierte Form der Biodiversität und andererseits insinuiert sie, dass es eine ethische und moralische Verpflichtung der Gesellschaft zum Schutz der Biodiversität gibt. Doch beides stimmt so nicht.

    Der konkrete Inhalt der Biodiversität ist veränderbar. Biodiversität lebt. Sie verändert sich stetig, auch durch ihre Nutzung. Denn es geht um die Verbindung von Schutz und Nutzung. Dann ist es für eine Gesellschaft unmöglich, ethische und moralische Verantwortung zu übernehmen. Das können bekanntlich nur Individuen. Und unterschiedliche Individuen haben unterschiedliche Wertvorstellungen. 

    Klarer Nutzen
    Viel konkreter wird das BAFU, wenn es den klaren Nutzen der Biodiversität aufzählt:

    Wirtschaftliche Versorgungsleistungen: Ökosysteme und ihre Arten sind Produktionsfaktoren für zahlreiche Güter wie Trinkwasser, Nahrungsmittel, Energieträger, Kleidungsfasern, Baumaterialien oder medizinische Wirkstoffe. Die genetischen Ressourcen sind die Grundlagen für die Entwicklung neuer Nutzpflanzen, Medikamente und industrieller Rohstoffe. Ökosysteme und ihre Arten sind wichtig für Bestäubung und Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft und bilden fruchtbaren Boden.

    Regulierende Leistungen zugunsten der Sicherheit: Natürliche Lebensgemeinschaften in Ökosystemen speichern CO2, schützen vor Lawinen und Hochwasser, verhindern Erosion und regulieren das Klima.

    Kulturelle Leistungen. Ökosysteme und Arten tragen zu vielfältigen Landschaften bei und befriedigen damit ästhetische Ansprüche des Menschen. Die Erholungsleistung der Biodiversität ist beachtlich. Die Entwicklung von Kultur und Gesellschaften war und ist stark mit der Biodiversität verknüpft, z.B. Traditionelles Wissen über Heilpflanzen.

    Unterstützende Leistungen: Grundlegende Leistungen der Ökosysteme, die der Mensch nicht direkt in Anspruch nimmt, die aber alle anderen Leistungen überhaupt erst möglich machen, sind unter anderem die Sauerstoffproduktion, die Aufrechterhaltung der Nährstoffkreisläufe oder des Wasserkreislaufs.

    Biodiversität ist Trumpf. Diese Feststellung kann man machen. Sie ist aber nur wirklich Trumpf, wenn ihre Nutzung als Teil ihres Schutzes und ihr Schutz als Teil ihrer Nutzung verstanden wird.

    Henrique Schneider

    Vorheriger ArtikelSchweiz steht international gut da
    Nächster ArtikelDer Beitrag der Landwirtschaft